18.04.2024
Mengen setzt auf Fahrradstraße
In der Sondersitzung des Gemeinderates gibt es revolutionäre Ideen.
Es wäre die erste ihrer Art, wenn sie vom Mengener Gemeinderat per Beschluss umgesetzt wird. Die Rede ist von einer Fahrradstraße in Mengen. Dieser Vorschlag kam vom Ingenieurbüro Bernard-Gruppe, das zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern, Verkehrsexperten sowie Vertretern der Stadtverwaltung und des Gemeinderats ein Nahmobilitätskonzept erarbeitet haben. Dabei empfahlen sie unter anderem, die Mittlere Straße zur Fahrradstraße umzuwandeln.
Was das für den Verkehr bedeutet?
Als einzige durchgängige Nord-Südachse in der Innenstadt von Mengen ist die Mittlere Straße stark frequentiert. Als Fahrradstraße wäre sie weiterhin für alle Verkehrsteilnehmer nutzbar, allerdings hätten die Radfahrer künftig Vorrang vor den Autos. Das heißt, Autos müssten künftig vermehrt Rücksicht auf die Fahrradfahrer nehmen, die bevorrechtigt die Straße nutzen dürfen, verdeutlichte Julia Bresagk von der Bernard-Gruppe. Bürgermeister Stefan Bubeck war nach eigener Aussage zunächst überrascht von diesem Vorschlag, bezeichnete die Idee aber als innovativ und umsetzbar. Aus den Reihen der Gemeinderäte hieß es sogar, es sei eine revolutionäre Idee, Gegenstimmen zum Vorschlag gab es nicht. Vielmehr sprachen sich die Räte für einen sicheren Fahrradweg aus, der vor allem von Schülern und Schülerinnen viel genutzt wird.
Kritisch betrachtet wurde die Empfehlung, Parkplätze zu streichen, um zusätzlichen öffentlichen Raum für die Schaffung von Aufenthaltsflächen (Grüne Oasen) und für Fußgänger und Radfahrer zur Verfügung zu stellen. In der Innenstadt könnten 71 Stellplätze wegfallen, so das Ergebnis der Analyse zum ruhenden Verkehr. Betroffen wären die Stellplätze in der Mittleren Straße (11 Stück), in der Wilhelmstraße (14 Stück), in der Romstraße/Reiserstraße (12 Stück), in der Kreuzstraße/Rosenstraße (13 Stück), in der südlichen Hauptstraße (9 Stück) und in der Rosenstraße/Schule (11 Stück). Laut den Ergebnissen der Parkraumzählung, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen von 7-19 Uhr in Mengen gemacht wurden, gibt es kaum einen Mangel an Parkplätzen. Erfasst wurden 535 Stellplätze, wovon 387 genutzt werden , damit ergeben sich 148 ungenutzte Parkplätze. Da die Parkplätze im Tagesverlauf je nach Standort verschieden stark frequentiert sind, wurden die Zählungen mehrfach täglich durchgeführt, um Rückschlüsse auf das Parkverhalten der Fahrzeuglenker und die Parkdauer ziehen zu können. Damit sich durch den Wegfall von Parkplätzen der Parksuchverkehr nicht erhöht, wurde ein „Puffer“ von 15 Prozent eingeplant. Bei der Analyse wurde auch festgestellt, das „Auf dem Hof“ und in der nördlichen Hauptstraße der Parkdruck ganztägig sehr hoch ist, und eher ein Mehrbedarf an Parkplätzen besteht. Es wurde angeregt, wie in anderen Städten bereits erfolgreich umgesetzt, in den an die Innenstadt angrenzenden Wohngebieten Anwohnerparkzonen einzurichten.
Eine bessere Verkehrsanbindung nach Friedrichshafen und Pfullendorf ist erneut vom Gemeinderat und der Bernard-Gruppe empfohlen und als wichtig erachtet worden. Die Strecke nach Pfullendorf könnte über Krauchenwies geführt werden. In Krauchenwies hält die Regiobuslinie 500, die nach Friedrichshafen fährt, somit könnte für die Mengener mit nur einem Umstieg eine Verbindung nach Pfullendorf und nach Überlingen geschaffen werden. Die vom Ingenieurbüro ermittelten Fahrgastzahlen wären ausreichend und sprechen dafür. Allerdings liegen beide Streckenführungen nicht im Zuständigkeitsbereich der Stadt. Sie wurden im Rahmen einer Stellungnahme an den Landkreis weitergeleitet, der sich aktuell mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes beschäftigt.
Auch die Belange der Fußgängerinnen und Fußgänger wurden beachtet. Das Mengener Nahmobilitätskonzept sieht vor, das bestehende Fußverkehrsnetz auszubauen. Vorhandene Fußwege sollen sicherer und barrierefrei gemacht werden. Wichtige Fußverkehrsachsen und – verbindungen sollen ausgebaut werden. Grundlage für alle Ideen ist, die Nahmobilität nachhaltig zu fördern und die Verhältnisse für die Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Rad- und Fußverkehr, ÖPNV) zu verbessern. Zwischen März 2023 und März 2024 wurden die nötigen Bestandsanalysen und die Konzeptionen erstellt sowie die Bürgerbeteiligung (Expertenworkshops und Bürgerumfrage) durchgeführt. Die Stadt Mengen strebt eine allen Verkehrsteilnehmern gerecht werdende Gestaltung von Straßenräumen und Plätzen an.
Der Gemeinderat entschied sich einstimmig dafür, das Konzept weiterzuverfolgen und somit auch die Fahrradstraße als eine der ersten Maßnahmen zur Verbesserung der Nahmobilität auf den Weg zu bringen.
Eine detaillierte Aufstellung aller Ideen, Vorschläge und die Priorisierungen sind im Ratsinformationssystem auf der Homepage der Stadt Mengen (www.mengen.de) zu finden. Sie sind dort in die Punkte ruhender Verkehr, Radverkehr, Fußverkehr, ÖPNV und Nahmobilität unterteilt.